Lifestyle-Medikamente für den Nachwuchs – Gefährliche Entwicklung: Schlafmittel für Babys und Kleinkinder

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Übermüdete Mütter, genervte Väter, schreiende Kinder – so sehr sich werdende Eltern auf die Ankunft ihres Sprösslings freuen, so ernüchternd ist oft der Start in den neuen Alltag für die frisch gebackene Familie. Weil Säuglinge in den seltensten Fällen durchschlafen, verwundert es nicht, wenn junge Eltern übermüdet oder schlecht gelaunt im Job auftauchen. Wenn aber auch Kleinkinder nachts einfach nicht zur Ruhe kommen wollen, dann verlieren manche Eltern zunehmend jedes Augenmaß. Über immer mehr Online-Erziehungsseiten melden sich verzweifelte Väter und Mütter zu Wort, die zugeben, ihren Kindern freiverkäufliche Medikamente zum Durchschlafen zu geben. Das selbst von solch scheinbar harmlosen Präparaten eine elementare Gefahr für das Kind ausgeht, scheinen die Wenigsten zu wissen.

Wieso verabreicht man Kindern ruhigstellende Medikamente?

Die Motive für die Verabreichung einer ruhigstellenden Medizin sind vielfältig. Manche Eltern berichten in Online-Foren, dass sie einfach nur einmal „eine Nacht lang durchschlafen“ wollten, und keine andere Möglichkeit dafür sahen, als das Kind leicht zu sedieren. Andere Eltern scheinen die medikamentöse Ruhigstellung zudem als Lifestyle-Mittel zu bewerten und flößen ihren Kleinkindern solche Medikamente für lange Auto- oder Flugreisen ein. Auch finden sich anonyme Blog-Einträge von berufstätigen Müttern, die aus dem Home-Office heraus Telefonate führen müssen und sich schlichtweg keine Hintergrundgeräusche in Form von schreienden oder weinenden Kindern erlauben können.

Zudem scheinen viele Eltern generell überfordert zu sein. Sie verfügen über keinerlei Resilienz mehr, um den wimmernden Nachwuchs beruhigen zu können und gestehen unter Pseudonym sogar aggressive Gedanken ihrem aufgeregten, lauten Kind gegenüber ein. Das Ziel ist immer das Gleiche: der Nachwuchs soll ruhig sein, bestenfalls schlafen oder zufrieden vor sich hin dösen.

Was hat das für Auswirkungen für Babys und Kleinkinder?

Da scheint es auf den ersten Blick sehr einfach zu sein, dem Kind ein freiverkäufliches Präparat zu geben, welches dämpfend auf das vegetative Nervensystem wirkt und für stundenlange Ruhe sorgt. Doch unterschätzen viele Eltern die Gefahr, die von solchen Mitteln ausgeht!

Schlafmittel greifen immer in den Schlaf-Wach-Rhythmus ein. Sie führen zu einer viel zu tiefen und langen Schlafphase des Kindes, was zu einer physiologischen Störung führen kann. Gerade bei Babys und Kleinkindern verankern sich im Schlaf jene Dinge im Hirn, die sie tagsüber erlernt haben. Wird dieser Lernvorgang künstlich unterbrochen, so kann es zu einer unzureichenden Ausbildung von Synapsen kommen.

Auch gewöhnt sich der kleine Körper schnell an die chemische Substanz. So kann es bereits nach einer nur geringen Wiederholung zur Abhängigkeit kommen. Dann ist es dem Säugling oder dem Kleinkind ohne Mittel kaum mehr möglich, von alleine in den Schlaf zu finden. Ebenfalls unterschätzen Eltern die Auswirkungen auf den Tonus des kindlichen Körpers. Immer wieder berichten Notfallmediziner, dass besorgte Eltern ihre Kinder in die Ambulanz bringen, weil sie ungewöhnlich spastische, hyperkinetische Bewegungen im anschließenden Tiefschlaf machen.

Schlussendlich wirken diese Mittel ganzheitlich auf den Körper. Leber und Niere sind noch sehr empfindlich und nicht darauf ausgelegt, chemische Toxine aus dem Blutkreislauf herauszufiltern. Es kann zu Schädigungen und weitreichenden Problemen der Organe kommen.

Erholsamer Schlaf für Mutter und Kind – so geht’s

Junge Eltern müssen akzeptieren, dass Säuglinge ihren ganz eigenen Schlaf-Wach-Rhythmus haben. Erst in den Folgemonaten werden die Etappen länger und besser planbar. In dieser Anfangszeit sollte die Devise also heißen, es sich so bequem wie möglich mit dem Kind zu machen. Schließlich müssen sich Babys über Schreie bemerkbar machen können, auch wenn das mitunter zur echten Geduldsprobe werden kann. Hilfreich kann es dann sein, wenn der Säugling zumindest mit am Elternbett liegt. Bewährt haben sich dazu passgenaue Beistellbettchen, die variabel zu justieren sind. Dann kann sich die Mutter auch einmal erschöpft daneben legen, wenn das Baby sowieso schläft.

Bei Kleinkindern hat sich später zwar der Tag-Nacht-Rhythmus manifestiert, doch schlafen sie häufig sehr unruhig oder wollen gar nicht erst ins Bett gebracht werden. Hier helfen liebevolle Rituale, die allabendlich zelebriert werden. Dazu gehört das klassische Gute-Nacht-Lied genauso, wie festgelegte Einschlafzeiten und eine gedimmte Beleuchtung. Kleinkinder sind auch sehr sensibel, was ihre direkte Körperumgebung betrifft. So hilft es ihnen, wenn sie beispielsweise ein kuscheliges MeroWing-Kissen zum Anlehnen haben, damit das Bettchen nicht so groß erscheint. Des Weiteren sollte der Bettbezug der Jahreszeit und dem Raumklima angepasst sein. Kleinkinder lieben Bettwäsche mit Haptik, in die sie während des Einschlafens ihre Fingerchen knautschen können.

Alle guten Tipps helfen aber nichts, wenn das Kind einfach einmal einen schlechten Tag hatte und Mami und Papi sowieso vom Alltag gestresst sind. Wenn keine Kraft mehr da ist, sollten Eltern so ehrlich sein, und sich Hilfe in Form eines Babysitters oder liebevollen Verwandten holen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Beruhigende Medikamente sollten nur als letzter Ausweg und in enger Absprache mit einem Kinderarzt gegeben werden.
  • Selbst pflanzliche Präparate sind keine Option für Kinder. Sie könnten ebenfalls zur Abhängigkeit und Schädigung führen.
  • Latent schreiende Kinder sollten in einer Schrei-Ambulanz vorgestellt werden.
  • Überforderte Eltern brauchen selbst Ruhe und vor allem Schlaf. Ein Babysitter oder Verwandte sollten mit einbezogen werden, damit die Eltern wieder Kraft tanken können.
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Ulrich Carsten

Ulrich Carsten

Zertifizierter Bettenfachberater mit dem Schwerpunkt Matratzen in unserem Online-Shop Betten.de und seit 2011 Chef-Redakteur im Betten.de-Schlafmagazin.

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